WALTER LIBUDA

WALTER LIBUDA

Meine Objektkästen verstehe ich als Welträume
In den neunziger Jahren entstanden plastische Formen, die ich als Assemblagen begriff. Diese Assemblagen benötigten in ihrer räumlichen Ausdehnung eine äußere Begrenzung. Ein Kasten, vergleichbar mit einem Schmetterlingskasten, schien mir dafür geeignet zu sein. Während in meinen ersten Kästen ein Objekt das ausschließliche Zentrum bildete, entwickelte sich in den nachfolgenden Kästen eine Vielzahl von Formen, die miteinander korrespondierten. Schon bald erkannte ich die bisher noch ungenutzten potenziellen Möglichkeiten, die der Kastenraum in seiner Gesamtheit meinen künstlerischen Intentionen bot. Tiefe. Breite. Höhe. Kastenrand und Seitenflächen. Alles stand mir nun zur Verfügung. Der Kasteninhalt, der nun immer mehr den gesamten Raum besetzte, weitete sich auf alle Seiten aus, vergleichbar den Himmelsrichtungen und den Längen- und Breitengraden. Anfangs integrierte ich auch Fundstücke in meine Objektkästen, deren Eigenwert mich jedoch nicht überzeugte. Stattdessen wurde es für mich selbstverständlich, den Inhalt meiner Objektkästen in allen Teilen selbst zu entwickeln und umzusetzen, denn nur auf diese Weise konnte ich alle Formen so integrieren, dass jedes einzelne Teil mit allen anderen Teilen korrespondierte.
Die ersten Objektkästen, bei denen es mir auch auf die Tiefe ankam, immerhin waren sie bis zu 30 cm tief, blieben offen, was mich jedoch nicht zufrieden stellte. Ich brauchte eine transparente Versperrung, die das Eigenleben im Kasten konzentrierte und damit eine Distanz zum Betrachter schuf.
Die Objektkästen aus den letzten Jahren, bei denen ich mit einer Tiefe von 10 cm auskomme, sind verglaste und bemalte Objektkästen aus Holz, in denen ich mittels verschiedener Materialien wie Pappe, Papier, Pappmaché, Spachtel oder Holz, meine Welträume entstehen lasse. Mit dem allgemein wertenden Begriff Welträume meine ich die existenzielle Inbesitznahme von Räumen mit Wirklichkeitsbezug. Nischen, Höhlen, Spalten, scharfkantige Abgründe, hochliegendes Gelände. Darin angesiedelt ist das für diese Welträume notwendige Arsenal, von größeren Formationen bis hin zu winzigsten Teilen. Die Einbindung malerischer und zeichnerischer Mittel in die plastischen Formationen lassen vielfältige und vieldeutige Assoziationen zu.

Walter Libuda, 25. September 2010

 

Biografie

1950 in Zechau-Leesen geboren

1973–1979 Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, einschließlich Meisterschülerzeit bei Bernhard Heisig

1979–1985 Assistent an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst seit

1979 zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland, u.a. Berlin, Neue Nationalgalerie; Venedig, Berlinale; Tokyo, The National
Museum of Western Art; Cambridge, MA, Busch-
Reisinger-Museum · Internationale Kunstmessen u.a. in Basel,
Chicago, Köln, Karlsruhe, New York, Seoul · Werke
in vielen Institutionen und privaten Sammlungen im In- und
Ausland

1999 Verleihung des Fred Thieler Preises für Malerei der Berlinischen Galerie

2000 Verleihung des Gerhard-Altenbourg-Preises des Lindenau Museums Altenburg Lebt und arbeitet in Schildow bei Berlin.
www.walterlibuda.de